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Sub- und Miniserien in Terra und Utopia: Flaggschiffe, Flottenkadetten und Flops Folge 1: Jim Parker startet nach Utopia

  Mini- und Subserien bei Terra und UtopiaFlaggschiffe, Flottenkadetten und Flops
Folge 1:
Jim Parker startet nach Utopia

Von den Fünfzigern bis in die Achtziger hinein gab es SF auch in zahlreichen Reihen. Herausragend dabei die ›Marken‹ »Utopia« und »Terra«. Für viele der erste Kontakt mit der Science Fiction bzw. dem ›utopischen Roman‹. In diesen Reihen erschienen zahlreiche Sub- und Miniserien. Diese werden in den kommenden Wochen einmal etwas genauer betrachtet ...


Strafkolonie MondLeser von Science Fiction und Fantasy sind heute gewöhnt, ihre Lieblingslektüre in Form von – manchmal endlos scheinenden – Serien zu bekommen. Aus Produktions- und Vertriebssicht ist es klar, dass Serien bevorzugt werden: Zum einen ist nicht für jedes Buch mühsam der in diesen Genres so wichtige Hintergrund neu zu entwerfen, zum anderen wirkt sich das Wiedererkennen (und bei so manchem Konsumenten auch der Sammlertrieb) positiv auf den Verkauf aus. Man greift immer wieder gern zu einer etablierten Marke. Der Erfolg von so lang laufenden Serien wie Perry Rhodan oder den Star Trek- und Star Wars-Universen bestätigt dies. Auch in den beiden wichtigsten Science Fiction-Heftreihen in Deutschland der 50er bis 80er-Jahre Utopia und Terra samt ihren diversen Ablegern sind eine Reihe von kleinen und mittelgroßen Serien erschienen, auf die hier in mehreren Folgen (geplant sind derzeit ca. 15) das Auge des Betrachters gerichtet wird.

Für mich haben diese Kleinserien in der Zeit, als ich die SF entdeckt habe (in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre) eine große Faszination ausgeübt, denn ich habe damals eine größere Anzahl von Terra- und Utopia-Heften gebraucht erworben, die verlockende Serienbezeichnungen in einem Kasten unter dem Titel hatten (z. B. „Vermächtnis der toten Augen“, „Der prokaskische Krieg", „Krieg zwischen den Milchstraßen“, „Das zweite Imperium der Menschheit“, „Captain Zukunft“). Zur damaligen Zeit war es nicht so einfach wie heute, Sammlungen zu komplettieren, wenn man die Titel nicht schon neu erworben hatte, und so dauerte es teilweise viele Jahre und etliche Besuche in Romanschwemmen, bis ich einen Großteil dieser Serien in meiner Sammlung komplett hatte und endlich in chronologischer Reihenfolge lesen konnte.


Eine kürzere Version dieser Artikelserie habe ich bereits vor einigen Jahren verfasst. Sie war für ein SF-Magazin gedacht, das im Mohlberg-Verlag geplant war. Dieses Projekt ist zwar nie zustande gekommen, aber ich möchte hier trotzdem ausdrücklich Heinz Mohlberg danken, der Ideengeber zum Artikel war und mich zum Schreiben ermuntert hat. Heinz hat in den letzten Jahren in seinem Nostalgieprogramm eine ganze Reihe dieser Kleinserien in liebevoll aufgemachten Paperback-Sammlerausgaben neu herausgegeben, mit informativen Vorwörtern versehen und auch die Titelbilder der Originalromane mit abgedruckt. Damit wurden viele Perlen der deutschen Nachkriegs-SF dem Vergessen entrissen. Natürlich ist auch eine Menge Schrott dabei, der aber wenigstens genrehistorisch eine Betrachtung wert ist. Wir starten unsere Zeitreise mit Jim Parker, der Serie, die trotz aller berechtigter Kritik das Weltraumzeitalter im deutschen Sprachraum richtig eingeleitet hat und deswegen eine Vorstellung verdient.

Der Utopia Kleinband, im Rastatter Erich Pabel-Verlag von 1953 bis 1968 mit insgesamt 596 Heften erschienen, begann seine Publikationsgeschichte als Serie mit „Jim Parkers Abenteuer im Weltraum“, die von deutschsprachigen Autoren verfasst wurde. Alle Hefte bis Nr. 43 waren ausschließlich Jim Parker-Abenteuer. Ab Nr. 44 wurden in Utopia aber hauptsächlich Einzelromane publiziert, worunter auch sukzessive Übersetzungen fremdsprachiger Titel waren. Die letzten 16 Jim Parker-Hefte erschienen deshalb nur mehr sporadisch, das letzte als Utopia-Heft 129. Die Hefte erschienen unter 3 Autorenpseudonymen. Die ersten 49 Bände wurden unter dem Namen „Alf Tjörnsen“ publizert, der dann für 6 Bände von Axel Nord abgelöst wurde. Autor der letzten 4 Bände war Bert Horsley. Das Pseudonym Alf Tjörnsen gehört auf jeden Fall Richard J. Rudat, möglicherweise steckt aber auch ein zweiter Autor hinter diesem Pseudonym, denn in den späteren Bänden verändert sich der Schreibstil der Romane merklich. Die Autoren hinter den Pseudonymen Nord und Horsley sind nicht bekannt. Horsley ist nicht, wie öfters (auch hier im Zauberspiegel) behauptet wurde, mit dem Autor und Herausgeber Walter Spiegl identisch, dies wurde von Spiegl persönlich bekanntgegeben.

Für heutige Leser ist die Lektüre schon starker Tobak – unvorstellbar, dass ich meinem dreiundzwanzigjährigen Sohn, der Flugzeugtechnik studiert, eines dieser Hefte in die Hand gäbe. Er würde sich totlachen! Speziell Tjörnsen/Rudat hat sich durch Physik- und Englischkenntnisse ausgezeichnet, mit denen heute jeder Hauptschüler mit anatolischem Migrationshintergrund locker mithalten kann. Beispiel: Ein Raumschiff aus Australien dampft Richtung Venus los, um den Planeten als Erstes für das eigene Land zu beanspruchen. Die Verfolger aus den USA starten einige Wochen später, geben mächtig Gas, holen deswegen das zuerst gestartete Raumschiff bald ein und dann gibt es eine hübsche Raumschlacht. Der Autor hat keine Ahnung davon, dass sich die Erde und die Venus auf ihren Umlaufbahnen um die Sonne inzwischen weiterbewegt haben, das verfolgende Raumschiff also eine ganz andere Flugbahn Richtung Venus nehmen muss und daher das zuerst gestartete Schiff nie während des Fluges treffen kann, wenn es das Ziel Venus erreichen will. Außer in diversen SF-Leihbüchern aus dem unsäglichen Bewin-Verlag (J. E. Wells!) und deren Nachdrucken in Heftserien ist mir nie ein derartiger Unsinn untergekommen. Dabei kann natürlich nicht kritisiert werden, dass in den fünfziger Jahren der Kenntnisstand des Aufbaus und der klimatischen Verhältnisse der Planeten unseres Sonnensystems noch nicht so weit wie heute gediehen war und deswegen z. B. die Venus als Urwelt mit Dinosauriern geschildert wurde, was einige Jahre später auch in PR in den Venusabenteuern geschehen ist. Die Dialogsprache in den Heften ist eine schwer verdauliche Mischung von Seemanns- und Krimislang. Thunderstorm, Gents! Von Nachteil ist auch die Kürze der Hefte, denn die Utopia-Hefte bis Nr. 113 mussten sich noch mit 48 Seiten gegenüber den späteren Heften, die mindestens 64 Seiten hatten, begnügen. Oder muss man in diesem Fall eher von einem Vorteil sprechen, wenn die Lesequal früher zu Ende geht? Lassen wir also den alten Jim mit seinem Freund Rauschkugel Fritz in Frieden ruhen!

Dass die Jim Parker-Romane trotz der äußerst bescheidenen Charakterisierung und Ausarbeitung eine genrehistorische Würdigung verdienen, ist dem Umstand zu verdanken, dass wir hier die erste deutschsprachige SF-Serie vor uns haben, die so etwas wie einen roten Faden aufweist, der den Helden von Raumstationen im Erdorbit über den Mond und die Planeten unseres Sonnensystems bis zur Kontaktaufnahme mit fremden Intelligenzen und zum Sonnensystem des Sirius führt. Das sind alles SF-Themen, die uns heute selbstverständlich sind, aber in der Nachkriegszeit in deutschen Landen erst nach und nach eingeführt wurden. Frühere Serien wie z. B. „Sun Koh“ begnügen sich dagegen mit phantastisch angehauchten Abenteuern, die die Protagonisten um die Erde oder maximal bis zum Mond führen und in denen die SF-Elemente eher Beiwerk sind. Obwohl Jim Parker von mehreren Autoren geschrieben wurde, kann man hier aber nicht wie bei Perry Rhodan und vergleichbaren Serien von Teamarbeit sprechen, denn die Autoren haben nacheinander für die Serie gearbeitet.

Station EinsteinIn den letzten 4 Jim Parker-Romanen gab es deutliche Änderungen, sodass man sie in Analogie zum nach wie vor erfolgreichen Dauerbrenner PR als „Jim Parker NEO“ bezeichnen kann. Die Romane wurden unter dem Pseudonym "Bert Horsley" verfasst. Auf der Umschlagseite der Romane steht nur „Utopia Zukunftsroman“ ohne Hinweis auf Jim Parker. Sie sind alle in der Ich-Form geschrieben. Außer dem Namen des Protagonisten haben sie sowohl in der Handlungsführung als auch bei der Bezeichnung der weiteren Hauptpersonen und diversen Organisationen nichts mit den vorherigen Jim Parker-Romanen gemeinsam. So gibt es hier auch nicht das vorher dominierende „Staatliche Atom-Territorium“ (!), die mächtige amerikanische Organisation für die Weltraumfahrt.

Geheimauftrag Abendstern Die vier Romane starten mit einem ähnlichen Setting wie die vorherigen Bände von vorn, als hätte es keine vorherige Handlung gegeben und spielen sich auf einer Orbitalstation über der Erde, auf dem Mond, Venus und Mars ab. Im Vergleich mit den anderen Jim-Parker-Romanen lesen sich diese Romane allerdings deutlich besser. Obwohl auch hier der Autor nicht mit Kenntnissen der Himmelsmechanik glänzt, ist die Handlung und auch die Charakterisierung der Hauptpersonen bei weitem nicht so hanebüchen und hölzern.

Geheimauftrag AbendsternDer Verdacht liegt nahe, dass die vier Romane ursprünglich eine andere Bezeichnung des titelgebenden Helden hatten, die Redaktion des Pabel-Verlages nach einer Pause von über 30 Romanen aber den eingeführten Markennamen "Jim Parker" nochmals auf den Markt bringen wollte - letztendlich erfolglos, denn nach diesen vier Romanen war endgültig Schluss. Wer kennt die Wahrheit?

Nachdem Alf Tjörnsen bei Jim Parker von Axel Nord abgelöst worden war, erschienen von ihm kurioserweise noch drei Romane in der Utopia-Reihe mit einem Jim-Parker-ähnlichen Setting. Der Protagonist heißt in diesem Fall John Palmer (sic!) und arbeitet sich vom Raumkadetten bis zum Kommandanten eines Forschungsraumschiffes hoch.

Die Handlung der drei Romane spielt auf der Venus, auf dem Mars und im Asteroidengürtel.

Zur Titelliste: »Jim Parker«

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Kommentare  

#1 Andreas Decker 2016-08-18 11:17
Top-Artikel! Ich bin auf die Fortsetzungen gespannt.

Die deutschen Romane aus den 50ern und frühen 60ern kenne ich nur aus Coverlisten. Ich wollte da immer mal reinlesen, habe aber bereits Probleme mit Terra-Heften, wo ich nach 10 Seiten aufgebe :-) Das Beste an Utopia dürfte die Titelbildgestaltung gewesen sein, die noch den schlimmsten Heuler aufgewertet hat.

Die Probleme mit der Himmelsmechanik haben sich aber nicht wirklich geändert. ;-) Da muss man nur in einen beliebigen Rhodan oder NEO reinsehen. Spätestens seit Star Wars sind sich Autoren und Leser - behaupten zumindest die Autoren - darüber einig, dass alle wissen, dass der Raumflug - und Kampf - so nicht funktioniert und man darum die dramatische Variante wählt. Halbwegs realistische Physik findet man meistens nur noch in irgendwelchen Hard-SF-Romanen, und da wird das oft als langweilige Handlungsbremse kritisiert.

Insofern haben die 50er-Jahre Autoren wenigstens die Ausrede, dass sie es nicht besser wussten :-)
#2 Heinz Mohlberg 2016-08-23 16:03
Dieser und andere ARtikel waren geplant für ein Magazin zur Trivalliteratur (LB, Heftromane aller Art, etc.). names "Romanseite".
Obwohl schon viel Material vorlag, habe ich mangels Vorbebstellungen dann irgendwann das Projekt aufgegeben und die Rechte der Beiträge wieder frei gegeben.
EIn schöner Traum, aber wohl kaum zu realisieren.

Subserien in den alten SF-Heftreihen sind oft NICHT gekennzeichnet, da muss man schon ziemlich intensiv nachforschen.
Gerade bei Utopia gibt es "äußerlich" mehr oder weniger keine Hnweise, von ZSF oder Luna reden wir erst gar nicht ; Terra war dagegen mehr oder weniger vorbildlich.
Aber noch schlimmer sieht es bei den SF-LB aus.
Und LB-Nachdrucke aus Serien wurden bei den SF-Reihen teilwiese beliebig durcheinander oder nur fragmentarisch gebracht - ein Trauma für jeden Leser.
#3 harantor 2016-08-23 21:01
zitiere Heinz Mohlberg:
Dieser und andere ARtikel waren geplant für ein Magazin zur Trivalliteratur (LB, Heftromane aller Art, etc.). names "Romanseite".


Wobei hier festzuhalten ist, dass Heinrich den Ursprungsartikel deutlich erweitert und gründlich überarbeitet. Da ist deutlich mehr Fleisch dran.
#4 Heinz Mohlberg 2016-08-23 23:40
zitiere harantor:
zitiere Heinz Mohlberg:
Dieser und andere ARtikel waren geplant für ein Magazin zur Trivalliteratur (LB, Heftromane aller Art, etc.). names "Romanseite".


Wobei hier festzuhalten ist, dass Heinrich den Ursprungsartikel deutlich erweitert und gründlich überarbeitet. Da ist deutlich mehr Fleisch dran.

Dies ist gut so...
#5 Matzekaether 2016-08-24 13:23
Ach ja, die guten alten Trash-Serien... Heinz Mohlberg hat da gute Artbeit geleistet- Jim Parker als ungekürzte Buchausgabe - wirklich wunderbar, ich habe manchmal bei den Preisen mit den Zähnen geknirscht, aber trotzdem alle gekauft.
Zu den oft beanstandeten "Logik" fehlern - hier tut sich immer der alte Konflikt zwischen denjenigen auf, die in SF eine Art Balzac im Weltall sehen - und denen, die SF-Settings als Vorwand für spannende Unterhaltung nutzen. für mich wäre es ein horrorszenario, wenn die älteren Autoren alles "besser" gewußt hätten. Dietmar Dath hat es in seinem Nachwort zu Band 1 von Captain Future auf den Punkt gebracht:
"Dass beispiesweise auf dem Jupiter irgendetwas lebt und gedeiht, womöglich kleine grüne Männchen, konnte Hamilton 1940 aufschreiben, ohne dass ihn die Sorte Gelächter belästigt, mit der man heute leben müßte, würde man so etwas behaupten. Die Gegenwart lässt von solchen Einfällen also die Finger, man weiß zuviel."

Und das Nichtwissen in der alten SF empfinde ich oft als Geschenk, nicht als Manko - was wäre uns alles entgangen, hätte man um 1900 gewußt, was man heute weiß? Möchen wir wirklich ohne Captain Future, Krieg der Welten, Heinleins Marswelten oder Vernes Mondumkreisung per Kanonenkugel leben? Ohne Haggards gemeomnisvolle Zivilasationen in Innern Afrikas? Und ohne die vielen Venusdschungel der 30er bis 50er Jahre?
Oft bleibt mit unserem Wissen nur noch nackter Realismus übrig - man sehe sich den Besterseller "Der Marsianer" von Andy Weirs an. Staubtrocken, im wörtlichsten Sinne. Derwegen liebe ich die alten SF-Serien so.
#6 Matzekaether 2016-08-24 13:25
PS: Dabei hätte ich fast vergessen zu sagen: Schöner, informativer Artikel.

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