Europas Gruselserie: Schauplätze des Schreckens (3) Ungeheuer gegen Dracula
Schauplätze des Schreckens (3)
Ungeheuer gegen Dracula
Die Serie wurde 1981 veröffentlicht und brachte es bis 1982 auf 18 Folgen, wobei einige wenige Folgen Neuauflagen älterer Einzelprodukte waren. Die 15. Folge lieferte nur die Musik, also den Soundtrack der Serie. 1999 gab es eine Neuauflage auch auf CD, wobei die Folge 15 durch ein weiteres älteres Einzelhörspiel aus den 70er-Jahren ersetzt wurde. 1987/88 gab es zwischenzeitlich eine 10teilige Neuauflage bestimmter Folgen.
Das Manuskript zu diesem Hörspiel entstand nach Bram Stokers berühmten Roman. Enthalten sind aber nur die Szenen, in denen Jonathan Harker auf dem Schloss weilt und entgegen der Vorlage, seine Verlobte Mina gleich mit dabeihat. Sie machen Dracula dann auch auf dem Schloss den Garaus. Die Geschichte spielt ebenfalls in Siebenbürgen in Rumänien. Eine ungewöhnliche genaue Ortsangabe für ein Hörspiel dieser Reihe zu diesem Zeitpunkt. Im Gegensatz zu den ersten beiden Folgen merkt man dem Hörspiel an, dass es nach einem alten Roman adaptiert wurde. Die Dialoge sind angestaubt und antiquiert. Die Atmosphäre stimmt allerdings in jeder Sekunde. So recht in Fahrt kommen mag diese Geschichte allerdings nicht. Sie plätschert etwas zäh dahin.
Waren die ersten beiden Folgen noch einfach aber auch löchrig in der Erzählweise, ist hier nun eine gewisse Dichte zu spüren. Am Ende werden alle Fragen geklärt.
Dennoch ist diese Folge ungewöhnlich dicht und atmosphärisch sehr gut gelungen. Vieles wirkt anders als in den modernen, wenn auch seichten Abhandlungen der beiden Vorgänger-Folgen.
Aber der „König der Vampire“ ist nur eine Neuinterpretation einer alten Geschichte, die auch Konrad Halver schon einmal für EUROPA entwarf und inszenierte. Es ist sozusagen die Neuvertonung des 1970 und 1976 teilweise neuvertonten Hörspiels, in dem Michael Poelchau als Harker gegen Charles Regnier als Dracula antritt. Eine weitere Besetzung, die in beiden Produktionen vorkam ist die von Reinhild Schneider als Mina. In der neuen 81er Version von Heikedine Körting spricht Günther Ungeheuer den Harker. Wieder ist Regnier Dracula.
Ist das Europa-Hörspiel von 1981 nun aber eine reine komplette Neuaufnahme des 70er bzw. 76er Werkes? Nein. Franciskowsky hat die Geschichte erheblich verändert und dadurch auch ein weinig moderner gestaltet. Er behielt es aber bei, die Original-Zitate aus Stokers Buch zu verwenden. Vielleicht deswegen mutet es so an, dass beide Hörspiele dem selben Skript zugrunde liegen. Doch das kann nicht richtig sein. Franciskowsky bindet Mina von Anfang an als Harkers Gefährtin in das Hörspiel mit ein. Auch sie gerät unter den Bann des Grafen (wie im Buch) und wird später befreit. Es fehlen bei Franciskowsky aber van Helsing und die Figur Lucy. Fast alle Szenen spielen auf dem Schloss. Bei Halver verlagert die Handlung wie auch im Buch. Somit ist Halvers Fassung näher am Original. Franciskowsky gelingt aber die gruseligere Variante.
Klappentext
Ein düsteres Schloss in den Karpaten - Draculas Schlupfwinkel. Jonathan Harker und seine Verlobte Mina als Gefangene eines unbekannten Wesens von nicht vorstellbarer Grausamkeit! Unsagbare Dinge passieren! Die Stunde des Todes naht, die Maske des Grafen fällt … (1)
Sprecher:
Charles Regnier ist in beiden Fassungen genial als Dracula. Halvers Harker, der von Poelchau gesprochen wird kommt dem Roman-Harker sehr nahe. Er ist jung und naiv. Günther Ungeheuer wirkt zu alt für die Rolle und weniger dynamisch. Er meistert sie aber ganz gut und gibt dem ganzen einen neuen Ton. Warum sollte Harker in einer anderen Version nicht etwas älter sein. Doch die Paarung junger Anwalt gegen uralten Vampir geht hier natürlich nicht auf. Dennoch betont man in dem Hörspiel von 1981 immer wieder, dass Harker ein junger Mann sei. Als Erzähler wählte man einzig und allein Günther Ungeheuer als Ich-Erzähler, was der Geschichte zusätzliche Dichte gibt. Nur zweimal wählte Franciskowsky diese Erzählweise in der Gruselserie. Katharina Brauren spricht in beiden Versionen eine alte Frau, die Harker in der Kutsche trifft. Sie hat in beiden Versionen fast den gleichen Text. Günther Ungeheuer wird dann auch gleich zum Stamm-Erzähler der Reihe. Bis zum Schluss wird er das hier sein – es gibt jedoch noch Ausnahmen.
Cover-Inspiration
Der Hörspiel-Cover-Zeichner schien Gefallen an der werbeträchtigen Vampirface-Kampagne der Filmära um Christopher Lee gehabt zu haben. Eine gewisse Ähnlichkeit lässt sich jedenfalls nicht abstreiten. Viel auffälliger scheint aber das Design der Geisterbahn auf dem Hamburger Dom eben diesem Hörspielcover nachempfunden.
Alles in einer Szene
Franciskowsky packt vieles aus dem Roman in eine einzige Szene am Anfang. Die Kutschszene ist die spannendste und eindrucksvollste des Hörspiels. Hier finden sich die Warnungen der Einheimischen wieder, die im Roman mehrere Seiten einnehmen.
Parallelen:
Es gibt einige Dinge, die sich gleichfalls auch in Halvers Produktion wiederfinden. Angefangen bei der Besetzung. Reinhild Schneider z.B. ist in beiden Versionen Mina, Rengier in beiden Fällen Dracula.
Neuauflage
Es gab von der Fassung zwei Neuauflagen (1988, 1999) plus eine reine Vinyl-Neuausgabe (2015), die zum EUROPA-Jubiläum erschien. Beide Fassungen erfuhren erhebliche musikalische Veränderungen aufgrund der Rechtesituation bei den Bohn-Musikstücken. Doch die Bearbeitung war liebevoll. In der Version von 1988 ist die Musik etwas zu rockig, was weniger zur Geschichte passt. Die Vinyl-Sonderpressung entspricht der Fassung von 1999.
Sprecher:
Jonathan Harker – Günther Ungeheuer
Mina – Reinhild Schneider
Dracula – Charles Regnier
Kutscher – Ernst von Klippstein
Frau – Marianne Kehlau
Vampire – Karin Lieneweg, Barbara Focke, Susanne Wulkow (genannt als Ingrid Dreier, Dörthe Kiesling, Elise Gruber)
Fahrgäste – Katharina Brauren, Horst Stark
Auflagen
- 1981 Dracula, König der Vampire (Gruselserie – Folge 3)
- 1988 Dracula (Grusel – Folge 1)
- 1999 Dracula, König der Vampire (Gruselserie – Folge 3 RDK-Version)
- 2015 Dracula, König der Vampire (Vinyl-Sonderausgabe, Picture-Vinyl)
Nachträgliche Anmerkung
Um Missverständnisse vorzubeugen bzw. bereits bestehende auszuräumen: Es gibt ein Dracula-Hörspiel von Konrad Halver aus dem Jahr 1970, welches 1976 von Heikedine Körting neu bearbeitet und teilweise neu aufgenommen wurde. Dieses Hörspiel von 1976 war Grundlage meines Vergleiches. Es stammt aber von Konrad Halver, weil die erste Version wie erwähnt 1970 erschien. Ferner ist das Dracula-Hörspiel, welches hier Grundlage des Artikels ist selbstverständlich keine reine Neuvertonung eines alten Skriptes, sondern eine eigenständige neue Version. Aus diesem Grunde habe ich drei Zeilen etwas abgeändert um das Missverständnis in Zukunft zu unterbinden.
(1) = Klappentext
Quelle der Sprecherangaben: Hörspielforscher
© by author 03/18
Letzte Aktualisierung 09/22
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